Die Weinviertler Landschaft hat viel zu erzählen und bietet interessante Landschaftsformen, die sich im Laufe der Jahre stark verändert haben. So scheint es beim heutigen Anblick paradox, doch tatsächlich glich das Weinviertel – insbesondere das flache Marchfeld – noch vor 200 Jahren einer Steppe mit sandigen Dünen. Begonnen hat alles schon viel, viel früher: Vor 35.000 Jahren herrschte im Weinviertel ein anderes, kaltes Klima – die Eiszeit, welche bis vor 10.000 Jahren anhielt. In dieser niederschlagsarmen Zeit, sammelte sich in den Flüssen wie der Donau Schutt aus den Alpen an, der durch Gletschererosion entstand. Während der darauf folgenden Nacheiszeit, füllten sich die Flüsse in der Tundralandschaft (Kältesteppe) wieder und der Schutt wurde durch das strömende Wasser zerkleinert – regelrecht zu Sand zermahlen. Dadurch bildeten sich um die Flüsse sogenannte “Terrassen”, von denen der Sand und Löss schlussendlich durch die damals gängigen starken Winde über weite Strecken vertragen wurde.
Die wichtigsten dieser Terrassen sind im Marchfeld die Praterterrasse, südlich des Wagrams, entlang der Donau und die Gänserndorfer Terrasse nördlich des Wagrams. Letzere ist aus Sanden der Marchebene beschaffen und aufgrund des Fehlens an Kalk vergleichsweise unfruchtbar. Drösing, einer der ältesten Orte des Landes und ein beliebtes Siedlungsgebiet, schon zu Zeiten der Völkerwanderung, fällt in diesen Raum. Die Praterterrasse mit Sanden aus der Donau ist dagegen fruchtbar und umfasst Ackerland wie das um die Weikendorfer Remise oder Lassee.
In der Jungsteinzeit begann man dieses Gebiet schließlich auch für den Anbau zu verwenden und rodete dafür die bereits bestehenden Wälder. Ein großer Fehler wie sich später herausstellte, denn das schaffte die Bedingungen für eine wüstenähnliche, gefährliche Landschaft. Der Siehdichführhof (sieh-dich-für) erinnert heute mit seinem Namen an die Gefahren der leeren, weitläufigen Sandlandschaft, welche niemand allein bereiste. Erst Ende des 18 Jh., als die Verluste der Erträge unhaltbar wurden, ordnete Fürstin Maria Theresia die Bewaldung des gebiets an. Zuvor war sie gezwungen die Marchfelder (Siebenbrunn, Oberweiden und Leopoldsdorf) für zehn Jahre von den Steuern zu befreien, um die Moral zu heben.
Was ist heute von all dem geblieben?
Zwei Naturschutzgebiete im Marchfeld, die Weikendorfer Remise und die Sanddünen bei Oberweiden, konservieren die Steppenlandschaft und erinnern zugleich an die Vergangenheit. Auf der Weikendorfer Remise, welche seit 1927 das älteste Naturschutzgebiet Österreichs ist, erstreckt sich über 40 Hektar eine Fläche, die beim ersten Anblick für Staunen sorgt. Ein Nutzen über den Ackerbau hinaus wurde im 19. und 20. Jh. aus der Landschaft gezogen: Löss und Lehm wurden für die Ziegelindustrie entdeckt, welche zu der einem wichtigsten Wirtschaftzweige des Weinviertels heranwuchs. Aber auch zu Zeiten von Betonbauten stützt sich die Wirtschaft des Weinviertels, insbesondere des Marchfelds, auf den Sand oder besser gesagt Schotter, denn ohne diesen kann kein Beton hergestellt werden. Für eine ausreichende Versorgung kümmern sich deshalb die gigantischen Schottergruben bei Magranfneusiedel und in den umliegenden Ortschaften.